Puh! Was soll ich sagen… Wenn jemand von “digitaler Nomade” anfängt, muss ich direkt an den Mythos von “Sex am Strand” denken. Sonnenuntergang, zwei Nackerte sinken sich in die Arme…
Das Problem ist nur: Die Realität.
In der Realität ist Sand eben das: Sand.
Und Sand auf nackter Haut und in empfindlichen Ritzen… nunja… reibt eben.
Digitales Nomandentum kommt mir ähnlich vor:
Ein Riesen-Mythos, ach wie doll das wäre… und wie sieht die Realität dann so genau aus?
Der Mythos läuft ja so:
Endlich losziehen, total digitaler Nomade werden,
nur noch reisen, immer unterwegs, mit Laptop am Strand, nebenher kommt ganz entspannt darüber genug Kohle rein. Tooootale Freiheit, nie mehr was müssen. Sein ganz eigener Herr sein. Große weite Welt.
Auf Instagram ein Held sein.
3 Wochen später:
Die Nachbarn nerven, die 2 Lieblingskumpel mussten zurück.
Weiterziehen.
Und wieder von vorn.
Ich halte das Meiste davon
für Geträume
für Käse und/oder
die schlechte Marketing-Nummer einzelner, die andere über ihre Sehnsucht nach Freiheit abribben.
Warum?
Weil Arbeit Arbeit ist und immer bleibt, auch wenn man sehr selbstbestimmt arbeitet. Manchmal ist es eben anstrengend, unbequem, davon erlöst einen auch das Digitale Nomadisieren nicht.
Dann sitzt Du eben fluchend in Bali im CoWork Space, weil das Internet grad nicht geht, der Kunde doof zu Dir war und Du weniger geschafft bekommen hast als nötig gewesen wäre…
Ist das in München echt so viel anders?
Etwas Weiteres, ganz Grundlegendes spricht dagegen: Unsere Hirne.
Unser Hirn hat bei Veränderungen sehr viel zu tun – je nach Typ mögen wir das gern oder weniger. Viele Menschen vermeiden das ohnehin 🙂 – dazu dürftest Du kaum gehören, denn sonst würdest Du Dich für das Thema nicht interessieren.
Nun ist also Reisen toll, WEIL es so viele neue Eindrücke bringt, man lernt neue und ganz andere Menschen kennen – und das an sich ist doch schon jede Menge zu tun… und in gewisser Weise eine Menge Arbeit für unsere Hirne.
So, und jetzt unterstellen wir mal dazu on top soll noch gute Arbeit geleistet werden… ich halte das für eher schwierig.
Wenn ich selbst über einen Freelance Dienst Dinge beauftrage, die von ‘Digitalen Nomaden’ erledigt werden, dann sind das oft eher einfache Sachen… sowas geht natürlich schon noch auch mit überfülltem Hirn.
Aber wenn Du wirklich was erschaffen bekommen willst (wie war das mit Deinem Startup? dem Buch, das Du schreiben wolltest?), dann empfehle ich Dir
- entweder eine reizarme Umgebung
(denk an den/die SchriftstellerIn, der sich zurückzieht, um ein Buch endlich fertig zu bearbeiten) - oder eine sehr gewohnte Umgebung. Dann bleibt Deinem Hirn nämlich die Luft und Energie, die es braucht, um Neues zu erschaffen.
Eine gute und funktionierende Sache am Digitalen Nomadentum
ist sicher die Idee, mal länger an einem anderen Ort zu sein und so die Kultur und das normale Leben vor Ort besser kennen zu lernen.
Das ist eine großartige Sache und ich habe z.B. in meinem Studium die Semesterferien für 6 Wochen Sprachkurs in Spanien in einem klitzekleinen Kaff verbracht.
So habe ich super schnell sehr viel gelernt und erlebt… aber nach wie vor würde ich sagen: Damit hatte mein Hirn allemal genug zu tun und noch parallel dazu arbeiten… ich bezweifle, dass das gut gegangen wäre.
Mein Tipp wäre eher, sich das Geld für diese Zeit zu erarbeiten und dann die Zeit vor Ort auch wirklich rundum präsent sein zu können.
Eine andere Variante an Lebensmodell ist ja oft auch das der Saisonjobs, z.B. im Winter im Arlberg Skilehrer zu sein und im Sommer Tenniscoach… etc. Auch hier gilt: Ja, letztlich ist das Arbeit, aber wem es vom Lebensrhythmus her taugt, für den ist es das Höchste. 🙂
Man muss und soll sich und verschiedene Lebensmodelle gezielt ausprobieren,
egal wie alt oder jung man ist. Wie ich auch in diesem früheren Artikel schon geschrieben habe, kann die passende Kultur / Ort, an dem man lebt wirklich einen riesigen, wenn nicht lebensrettenden Unterschied machen (denkt an Oscar Wilde, der als öffentlich Schwuler vielleicht einfach woanders als London ein besseres Leben gehabt hätte).
Ich selbst habe am eigenen Leib erlebt, dass auch im gleichen Land die Kultur um einen herum ein großer Helfer oder Verhinderer sein kann. Gleichzeitig ich halte es für überzogen, zu meinen, man bucht sich als “Digitale Nomade” wo ein und damit ist die Paradiesischkeit des Lebens dann geklärt.
Was genau für exakt DICH ein echt gutes Leben ist, das ist meist ungeheuer individuell und eine Abzieh-Schablone wie “Digitaler Nomade” ist auch wieder nur das:
Eine Schablone – und wieder keine für Dich zugeschneiderte Lösung.
Leben, und gerade ein gutes Leben!, ist unbequem und ein Lernprozess
– einfach nur von Ort zu Ort weiter zu hangeln dürfte (wie auch schon früher) einzelnen sehr gut liegen, für die meisten in der Realität jedoch
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