Unser Zuhause ist nicht so sauber und spärlich wie ein Zen-Tempel, aber wenn ich das Gerümpel und den Staub in den Wohnungen anderer Menschen sehe, stelle ich immer wieder fest, wie weit wir es geschafft haben.
Das soll weder eine Verurteilung anderer sein noch eine Bekanntmachung, wie großartig wir im Putzen und Entrümpeln sind, sondern eine Erinnerung für mich an das, was ich gelernt habe.
Für mich sind Putzen und Entrümpeln Achtsamkeitsübungen.
Es sind keine Hausarbeiten, vor denen es mir graut; es ist auch kein Streben nach der perfekten Umgebung – es sind Möglichkeiten, das Leben im aktuellen Moment zu üben.
Als solche sind sie einige meiner Lieblingsbeschäftigungen.
Wenn ich die Arbeitsplatte mit einem Tuch wische, denke ich nicht
„diese Küche ist so dreckig!“ (Urteil)
oder
„ich wünschte, die Leute würden hinter sich aufräumen“ (Wunsch, dass die Dinge anders wären)
oder
„heute habe ich viel zu tun“ (Zukunftsgedanken)
oder
„mein Sohn hat mich wirklich genervt, als er das heute Morgen gesagt hat“ (an der Vergangenheit kleben).
Und sollte ich doch einmal so etwas denken, nehme ich den Gedanken einfach nur wahr und putze weiter.
Während ich die Arbeitsplatte wische, bemerke ich die Krümel und angetrocknete Flüssigkeiten.
Ich fühle, wie das Tuch über die unebene Oberfläche der Platte wischt und wie sie langsam wieder glatter wird.
Ich spüre die Anspannung in meinen Schultern und meinem Kiefer und entspanne sie.
Mein Atem wird mir bewusst, während er ein und aus geht.
Ich spüle das Tuch sorgfältig aus, säubere es und schaue dem dreckigen Wasser zu, wie es im Abfluss verschwindet.
Das ist eine Übung für ein achtsames Leben.
Es ist aber auch jetzt schon ‚Leben‘, nicht nur eine Übung, sondern auch das konkrete Ereignis.
Achtsam Dinge abzuwischen ist genauso gefüllt mit Wundern wie jeder andere Moment in meinem Leben auch.
Genauso handhabe ich es, wenn ich das Geschirr spüle, meinen Schrank oder mein Regal aussortiere, das Waschbecken oder die Toilette putze, wische.
Jeder Moment, in dem ich diese Dinge mache, ist voll Freude und ich bin dankbar für den Moment, in dem ich gerade bin.
Meine Prinzipien
Ich zeige Euch jetzt eine Liste an Orientierungshilfen. Diese sind nur einige von vielen speziellen Dingen, die mich regelmäßig an die generellen Prinzipien erinnern.
Die wichtigsten Dinge sind diese generellen Prinzipien, an die ich immer versuche mich zu halten:
1. Wenn du putzt, dann putze nur.
Plane nichts, sei mit den Gedanken nicht bei der nächsten Aufgabe, höre keinen Podcast oder sieh fern, während Du Deine aktuelle Aufgabe erledigst.
Wische nur. Fege nur. Entrümpele nur. Wasche nur, spüle nur.
2. Erledige Deine Arbeit mit Dankbarkeit und Mitgefühl.
Sei dankbar für was Du hast, dafür, dass Du putzen oder entrümpeln kannst, bevor Du anfängst.
Sei dankbar für die Menschen, die Du in Deinem Leben hast, und erinnere Dich daran, warum Du dankbar bist.
Dann denke daran, dass Du aus Mitgefühl putzt:
- Für die Menschen in Deinem Leben, so dass ihr Tag vielleicht ein bisschen besser wird, wenn sie eine saubere Arbeitsplatte, ein sauberes Waschbecken vorfinden.
- Für Dich selbst, so dass Du einen geordneten Raum hast, in dem Du ein gutes Buch lesen kannst.
Das ist Dein Vorhaben und es wird Dir helfen, achtsam zu sein.
3. Achte auf Deine Gedanken, Deinen Körper, Deine Handlungen.
Übe, Deine Achtsamkeit zu konzentrieren: auf das Tuch, auf den Besen, auf den Staub.
Achte aber auch auf Deine Gedanken:
- Denkst Du an andere Dinge?
- Verurteilst Du andere?
- Wünscht Du Dir, die Dinge wären anders?
- Bist Du sauer?
Verbanne diese Gedanken nicht, aber nimm sie wahr.
Dann mach Dich wieder ans Putzen. Sei auch aufmerksam, wenn Du Deinen Körper wäscht, nimm Deinen Atem wahr.
Nimm einfach alles am Moment wahr, versinke in diesem Moment.
4. Hinterlasse keine Spuren.
Das ist natürlich eine Philosophie, die von denen gelebt wird, die viel draußen sind:
Hab eine möglichst kleine Wirkung auf das Land, hinterlasse nur Fußspuren, das einzige, was du mit nach Hause nimmst, sind Deine Fotos.
Was ist aber zuhause oder im Büro?
Sie sind vielleicht nicht so natürlich wie ein See oder ein Berg, aber sie sind unser Lebensraum.
Wir müssen hier leben, oft mit unseren Lieben, also sollten wir aufmerksam sein, welchen Eindruck wir hinterlassen. „Hinterlasse keine Spuren“ bedeutet, keine Unordnung zu hinterlassen, den Müll ordentlich wegzuräumen, Menschen in Deinem Raum mit Respekt zu begegnen.
Die Orientierungshilfen
Mit diesen Prinzipien habe ich angefangen, eine Liste von Orientierungshilfen zu erstellen.
Es sind keine Regeln, sondern Wegweiser, an denen Du Dich selber testen kannst, um alles, was Du tust, mit der größten Aufmerksamkeit zu tun.
Ich habe eine Menge hiervon von FlyLady, den Mitarbeitern des Tassajara Zen Mountain Center und von Dogens „Instructions for the Tenzo“ gelernt.
- Spüle Dein Geschirr, nachdem Du es benutzt hast.
- Putze im Vorübergehen.
- Wenn Du Gemüse schneidest, mache das Schneidebrett und das Messer hinterher sauber und schmeiße Reste in den Biomüll. Häufe diese Dinge nicht auf der Arbeitsplatte oder im Waschbecken an.
- Alles sollte seinen Platz haben.
- Wenn etwas keinen festen Platz hat, gib ihm einen. Stelle die Dinge an ihren Platz zurück, wenn Du sie nicht mehr brauchst.
- Fange mit dem Entrümpeln dort an, wo Du gerade bist. Bist Du überfordert mit allem, was Du entrümpeln solltest?Fange dort an, wo Du gerade bist und such ein paar Dinge heraus, die Du nicht brauchst oder nicht benutzt. Spende sie oder bring sie in den Müll. Jetzt hast Du angefangen. Morgen machst Du genauso weiter.
- Wisch Dein Spülbecken. Wenn Du es nicht mehr brauchst, mach es sauber. Wenn es dreckig ist, putze es. Es sollte kein Geschirr im Spülbecken stehen.
- Wische die Arbeitsplatten und den Herd.
- Wenn Du fertig bist mit dem Kochen, wische noch einmal drüber. Das dauert nur eine Minute.
- Wenn der Boden dreckig ist, nimm Dir eine Minute und wische ihn aufmerksam. Das gibt Deinem Tag eine nette kleine Pause.
- Sei vorsichtig im Umgang mit Messern.
- Mach die Toilettenschüssel sauber. Hab eine Toilettenbürste neben dem Klo und wenn es auch nur ein bisschen dreckig ist, nachdem Du es benutzt hast: Nimm die Bürste und mach die Schüssel eben schnell sauber.
- Lege Dir Tücher und Schrubber praktisch hin. Ich habe zum Beispiel einen Schrubber im Bad, mit dem ich die Toilette oder die Dusche schnell durchwischen kann, wenn sie dreckig werden. Ich brauche dafür nur eine Minute, und weil ich den Schrubber dort stehen habe, habe ich keinen Grund, nicht eben schnell zu wischen.
- Stelle nichts auf glatten Oberflächen ab. Auf meinem Schreibtisch steht zum Beispiel nichts außer meinem Laptop und einem Bild meiner Frau. Auf Arbeitsflächen und Tischplatten steht nichts. Auf dem Boden stehen nur Möbel und liegen Teppiche. Das sind keine Plätze, auf denen man Müll aufbewahrt. Wenn Dir vollgestellte glatte Oberflächen auffallen, räum sie ab – eine nach der anderen. Schmeiß die Dinge weg oder gib ihnen ein Zuhause. 😉
- Sei behutsam im Umgang mit Deinen Mitmenschen.
- Pass auf Deine Werkzeuge auf, als wären sie Deine eigenen Augen.
Schon hast Du es geschafft.
Das hier ist keine Abfolge von Idealen, zu denen Du streben solltest oder ein Perfektions-Standard, den es zu erreichen gilt.
Es ist einfach eine Achtsamkeitsübung, und wenn Du aufmerksam putzt oder entrümpelst, hast Du es schon geschafft.
Der Originalartikel „Mindful simplicity: Decluttering, cleaning & leaving no trace“ ist auf seinem Blog Zen Habits erschienen.
- Womit ‚verkaufst‘ Du Dir Putzen, Ausmisten und Co. am besten?
- Wie trainierst Du Deine Achtsamkeit? Welche weiteren Achtsamkeitsübungen nutzt Du bereits?
- Welche Tipps hast Du für andere Life-Preneure, die einfacher Ordnung halten und/oder achtsamer leben wollen?
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