Weil ich beruflich mit Veränderung zu tun habe, erzähle ich Menschen häufig, dass Veränderung einfach ist, wenn man weiß, wie es geht. Mit wenigen Ausnahmen ist ihre Antwort darauf jedoch:
„Wie meinen Sie das, ‚Veränderung ist einfach‘?
Jeder weiß doch, dass Menschen sich Veränderung verweigern!“
Glaubst Du das nicht auch?
Bemerkst Du nicht auch, dass Deine Freunde, Familie und Kollegen oft wissen, was sie tun sollten und es dennoch einfach nicht tun? „Natürlich sperren Menschen sich gegen Veränderung. Es ist anscheinend ihre Natur.“
Nein. Entgegen der vorherrschenden Meinung ist es gar nicht so, dass Menschen sich gegen Veränderungen auflehnen. Sie wehren sich gegen etwas, ja – aber nicht gegen Veränderung.
Lasst uns mal genauer hinsehen.
Ich habe zwei Beispiele von Situationen, in denen Menschen gesagt wurde, dass eine Veränderung nötig ist, sie sich aber nicht verändern. Schau mal, ob Du herausfinden kannst, gegen was sie sich wirklich wehren.
‚Verweigerung‘ von „Change“ im Unternehmen
In einer häufigen Situation im Berufsleben verweigern Angestellte anscheinend die angestrebte Veränderung:
Bei der Verbesserung des Kundeservice.
Viele Unternehmen beschäftigen sogenannte Servicetechniker. Servicetechniker definieren ihren Job als die Installation, Reparatur und Instandhaltung der Produkte ihres Unternehmens.
In den vergangenen Jahren haben viele Unternehmen versucht, Servicetechnikern einen besseren Kundenservice anzugewöhnen. Sie schicken sie auf Workshops, in denen ihnen die Wichtigkeit von gutem Kundenservice erklärt wird: Die Kunden werden die Produkte bei schlechtem Service anderswo kaufen, die Jobs der Servicetechniker sind in Gefahr, wenn die Kunden anderswo kaufen usw.
Ich habe aber viele Fälle gesehen, in denen der Kundenservice NICHT entscheidend besser wurde. Die Geschäftsführung glaubt also, dass viele der Servicetechniker sich weigern, sich zu verändern.
Wenn ich Recht habe und sie sich gar nicht gegen die Veränderung auflehnen, gegen was dann?
Ein Hinweis: Diese Angestellten sind der Meinung, dass sie Techniker sind, deren Job es ist, die Produkte des Unternehmens zu installieren, zu reparieren und zu warten. Jetzt wird ihnen gesagt, dass sie sich mehr Zeit nehmen sollen, mit dem Kunden zu reden, ihm zu erklären, was sie tun und warum, alle ihre Fragen zu beantworten usw.
WEIL sie diese Auffassung haben, wie ihr Job aussieht, glauben sie, dass die Veränderung, die von ihnen gefordert wird, es schwieriger machen wird, ihren eigentlichen Job zu erledigen. Sie denken:
„Wie zur Hölle soll ich meinen Job jemals fertig bekommen, wenn ich meine ganze Zeit damit verschwende, mich mit dem Kunden zu unterhalten?!“
Naja, wenn jemand Dir etwas aufträgt, das es Dir erschwert, das zu tun, was Du für richtig hältst, wie klingt seine Bitte dann für Dich? Als ob er Dir etwas aufträgt, etwas Falsches zu tun, oder?
Mit anderen Worten:
Die Techniker wehren sich nicht gegen die Veränderung (etwas anderes machen), sondern gegen etwas, das sie wegen ihrer Einstellung für falsch halten.
Was aussieht wie Widerstand gegen Veränderung ist also nichts weiter als Menschen, die im Einklang mit ihren Einstellungen und Auffassungen handeln. Als mir das vor vielen Jahren – als ich noch Unternehmensberater war – klar wurde, erschuf ich Workshops, die die Auffassung von Angestellten über ihre Jobs verändern helfen sollten.
Das neue Verständnis über ihren Job führte zum erwünschten Verhalten.
Nachdem sie die alte Einstellung gelöst und eine neue „erschaffen“ hatten, veränderten die Angestellten ganz natürlich und mühelos ihr Verhalten.
Im Falle der Servicetechniker ließen wir sie einfach eine neue Auffassung erschaffen („Mein Job ist es, Kunden zufrieden zu stellen“), sodass es für sie möglich wurde, sich besser um die Kunden zu kümmern.
Durch die Veränderung der Auffassung ihres Jobs konnten sie nun Kundenservice als wichtigen Teil ihres Jobs anstatt als Hindernis für ihren Job sehen.
So steigerten wir die Kundenzufriedenheit von etwa 70% auf über 90% und erreichten teilweise sogar 100%.
‚Verweigerung‘ von Veränderung in Beziehungen
Jetzt lass uns eine Situation betrachten, die häufig in Beziehungen vorkommt.
Stell Dir vor, dass Du in einer Beziehung mit einer Person bist, die Leute anschreit, wenn sie nicht das tun, was sie von ihnen gefordert hat. Du hast dieser Person vielleicht schon gesagt, dass Du nicht angeschrien werden möchtest und dass Du es auch unpassend findest, dass sie andere anschreit. Die Antwort hätte sein können: „Ja, ich glaube, Du hast Recht.“
Ihr Verhalten ändert sich trotzdem nicht.
Was, wenn sie folgende Einstellung hätte:
Nur durch Schreien kann ich die Leute dazu bekommen, mir zuzuhören und das zu tun, was ich möchte?
Wenn sie diese Einstellung hat, muss sie schreien, wenn sie etwas von anderen gefordert und nicht bekommen hat.
Wenn sie also nur durch Schreien ihr Ziel erreichen kann, ist es falsch, nicht zu schreien. Der „Schreier“ sträubt sich nicht gegen Veränderung, sondern gegen das, was sich für ihn falsch anfühlt. Wenn diese Einstellung verändert wird, verändert sich auch das Verhalten ganz natürlich und mühelos.
Es hat also keinen Zweck, eine Veränderung von jemandem zu fordern, wenn Du von ihm etwas forderst, das nicht im Einklang mit seinen Einstellungen ist. Er wird sich weiterhin dagegen auflehnen, etwas zu tun, das er für falsch hält.
Wenn Du also das nächste Mal glaubst, dass sich jemand gegen eine Veränderung weigert, frage Dich:
Was ist seine Einstellung, die dafür sorgt, dass er sein aktuelles Verhalten für richtig und das, was ich vorschlage, für falsch hält?
Grundlegende Veränderungen SIND möglich
Wenn Menschen generell gegen Veränderung wären, gäbe es wenig, was wir dagegen tun könnten.
Wenn sich Menschen aber einfach deshalb nicht verändern, weil sie ihr Verhalten für richtig und die Forderung von Dir oder anderen für falsch halten, können wir Veränderung in einzelnen Menschen und in der Welt hervorrufen, indem wir ihnen helfen zu bemerken, dass ihre Einstellung nicht „die Wahrheit“ ist.
Genauso ist es mit politischen Argumenten – sie sind eigentlich nicht mehr als widersprüchliche Einstellungen. Denk mal an Erderwärmung. Wie man die Wirtschaft regeln sollte. Das Scheitern unseres Bildungssystems. Das Gesundheitssystem. [Morty Lefkoe bezieht sich bei diesen Punkten auf die USA – Anmerkung der Redaktion.]
Woher weißt Du nun, dass die Einstellung von jemandem nicht „die Wahrheit“ ist?
Weil alle Einstellungen letztendlich nur „eine Wahrheit“ sind, die Bedeutung, die wir bedeutungslosen Ereignissen geben.
Was aussieht wie Widerstand gegen Veränderung ist also nichts weiter als Menschen, die im Einklang mit ihren Einstellungen und Auffassungen handeln. Wenn diese Einstellungen verändert werden, verändern sich Menschen natürlich und mühelos.
Der Originalartikel „Most people agree…and they are all wrong“ ist auf seinem Blog mortylefkoe.com erschienen.
[Bildquelle: Der lustige Hund, der auf charmante Art seine Nicht-Ändern des Verhaltens (ob der wohl auf die Couch darf? 😉 überlächelt ist von BamImages auf Pixabay – danke!]
Schreibe einen Kommentar